Das Audiogramm, der konvenetionelle Hörtest, sagt nur ca. 30% über Ihr Hörvermögen aus.

Bäm. Das muss sich erstmal setzen. Denn das ist schon ein Fakt, der bisher gelerntes für mich und meine Berufskollegen und Kolleginnen einfach so vom Tisch wischt!

Herausgefunden hat das Dr. Dirk Ötting, der heute am Hörzentrum Oldenburg arbeitet und das Phänomen der „Breitbandigen Lautheitssummation“ weiter beforscht. Er hat vor bereits über 10 Jahren in seiner Doktorarbeit beschrieben, dass unser Gehör nachweislich unterschiedlich auf schmalbandige (wenige Tonhöhen enthaltend) oder auf breitbandige Geräusche, die z.B. den gesamten Hörbereich abbilden reagiert. Klingt logisch, aber man hat das bislang weder gewusst noch gemessen noch in die Hörgeräte-Anpassung einfließen lassen können.

Zusammen mit Harald Bonsel und dessen Firma Acousticon wurde nun das Anpassverfahren „True Loudness“ entwickelt, welches sogar diese Lücke von der Diagnose zur Umsetzung schließt. Von der klinischen Untersuchung fließen die Ergebnisse direkt in die verwendete Medizintechnik. Das eröffnet neue Wege in der Anpassung von Hörsystemen und damit einen großen Mehrwert für die Kundschaft.

Wenn jemand nun zu mir in die Audienz kommt und sogleich berichtet, mit lauten Umgebungen Probleme zu haben oder dass Hörgeräte viel zu laut eingestellt sind, dann kann ich mit diesem Verfahren die Dynamik des gesamten Hörsinns erfassen und in die prothetische Umsetzung einfließen lassen.

Das Schöne dabei: Wie beim Optiker bei der Refraktion, arbeiten Sie bei der Evaluierung Ihrer einzigartigen Hördynamik aktiv mit. Es werden Ihnen drei verschiedene Rauscharten in unterschiedlichen Lautstärken vorgespielt. Sie werden gebeten, die von Ihnen empfundene Lautstärke dieser Geräusche mitzuteilen. Solche Verfahren nennt man auch Lautheitsskalierung, im Gegensatz z.B. zum (Hör)schwellenbasierten Audiogramm. Es geht also vornehmlich um Ihre Wahrnehmung und um Ihr Gefühl für „was ist laut“. Für mich als Hörakustikerin ist das auch eine Entlastung. Bislang dachte ich, ich müsste besser als Sie wissen, was laut ist und was nicht 😊 Das konnte aber, wie ich jetzt wissenschaftlich erwiesenermaßen weiß, tatsächlich nur schiefgehen.

Im Gegensatz zu musikalischem und klanglichem Empfinden z.B., welches sehr subjektiv geprägt ist und auf individuellen Hörerfahrungen beruht (z.B. Instrument, Platz im Orchester, Stilrichtung), ist die Eigenschaft der binauralen, breitbandigen Lautheitssummation des Gehörs eindeutig mess- und beschreibbar.

Noch bin ich laut der True Loudness-Map die erste in Österreich, welche diese Möglichkeit der Hörgeräte-Anpassung aktiv anbietet. Ich empfehle sie daher dringend weiter! Wer sie sich (und meinen hübschen Betonkopf mit den glitzernden Wimpern zur Aufhängung des legendären A200-Freifeldkopfhörers) anschauen kommen mag ist herzlich willkommen!